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Dieser Artikel erklärt, wie die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall funktioniert und worauf Sie achten müssen.
Was ist die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?
Unter Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall versteht man die gesetzlich geregelte Situation, in der der Arbeitnehmer zwar aufgrund einer Erkrankung seine Arbeitsleistung nicht erbringen kann, aber dennoch sein Entgelt weiterhin bezieht. Grundlage hierfür bildet das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), welches einen gesetzlichen Mindeststandard festlegt, das durch individuelle Absprachen (Arbeitsvertrag) oder kollektivrechtliche Regelungen (Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung) zugunsten des Arbeitnehmers verbessert werden kann.
Gesetzliche Grundlage
Die gesetzliche Grundlage zu den Rechten und Pflichten von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden im Zusammenhang mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) finden Sie im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG):
- § 3 (1) EFZG regelt dabei den Anspruch auf Entgeltfortzahlung
- § 5 EFZG geht auf die Anzeige- und Nachweispflicht ein
- § 7 EFZG regelt das Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers, z. B. wenn der Arbeitnehmer die AU nicht vorlegt
Das Verfahren der eAU (elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) ergibt sich aus dem § 295 (1) SGB V und § 109 (1) SGB IV.
Anzeige- und Nachweispflicht
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seinem Arbeitgeber die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen (Anzeigepflicht). Das bedeutet i. d. R, dass der Arbeitgeber bereits am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit bereits zu unterrichten ist.
Die Form ist dabei nicht vorgegeben. Die Anzeige kann somit auch z. B. mündlich, telefonisch, per Whatsapp oder E-Mail erfolgen.
Gesetzlich gilt eine Drei-Tages-Frist, in der der erkrankte Beschäftigte einen Arzt aufsuchen muss, sollte die Krankheit absehbar über diesen Zeitraum hinausgehen. Die Bescheinigung ist dann spätestens am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen. Dem Arbeitgeber steht es allerdings frei, eine frühere Vorlage der ärztlichen Bescheinigung zu verlangen.
Bei der Berechnung der Frist nach § 5 (1) EFZG zählen auch arbeitsfreie Tage wie z. B. Wochenende oder Feiertage mit. Im Falle, dass die Frist an einem arbeitsfreien Tag endet, muss die Bescheinigung erst am nächsten betrieblichen Arbeitstag vorgelegt werden.
Auch bei einer Verlängerung der Krankheit muss der Arbeitgeber rechtzeitig informiert und der Nachweis erbracht werden.
Für gesetzlich Versicherte, die am eAU Verfahren teilnehmen, muss zwar die Anzeigepflicht weiterhin erfolgen, jedoch entfällt zu Teilen die Nachweispflicht, da der Arbeitgeber die entsprechende Bescheinigung eigenständig bei der zuständigen Krankenkasse abruft.
Sonderfall Organspende
Im Falle einer Organ-, Gewebe, Blut- oder Knochenmarkspende gemäß §§ 8, 8a TPG entsteht auch hier ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3a EFZG für bis zu sechs Wochen, obwohl der Spender im eigentlichen Sinne nicht arbeitsunfähig erkrankt ist. Der Arbeitgeber kann sich die Aufwendungen zur Entgeltfortzahlung sowie die darauf entfallenden Sozialversicherungen unabhängig von der U1-Meldung in voller Höhe von der zuständigen Krankenkasse erstatten lassen. Anders als bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit besteht ein Anspruch bei Organ-, Gewebe, Blut- oder Knochenmarkspende bereits bei Beginn der Beschäftigung. Die Regelung der vierwöchigen Wartezeit entfällt in diesem Fall.
Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber unverzüglich folgende Angaben für die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs zu machen. Darunter fallen z. B.:
- Es muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass es sich um eine Organ-, Gewebe, Blut- oder Knochenmarkspende handelt
- Dauer der Arbeitsunfähigkeit
- Der zur Erstattung verpflichtete Träger (z. B. die Krankenkasse)
- Falls bekannt, das entsprechende Aktenzeichen
Den entsprechenden Vordruck für die Erstattung fordert der Arbeitgeber bei der Krankenkasse des Organempfängers an.
Im Falle einer Organ-, Gewebe-, Blut- oder Knochenmarkspende gemäß §§ 8, 8a TPG entsteht auch hier ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3a EFZG für bis zu sechs Wochen, obwohl der Spender im eigentlichen Sinne nicht arbeitsunfähig erkrankt ist. Der Arbeitgeber kann sich die Aufwendungen zur Entgeltfortzahlung sowie die darauf entfallenden Sozialversicherungen unabhängig von der U1-Meldung in voller Höhe von der zuständigen Krankenkasse erstatten lassen.
Hinweis
Bei einer Organ-, Gewebe, Blut- oder Knochenmarkspende wird im Umlageverfahren keine AAG-Meldung (U1) an die zuständige Krankenkasse gemeldet.
Anspruch auf Entgeltfortzahlung
Wer ist anspruchsberechtigt?
Räumlicher Geltungsbereich
Der räumliche Geltungsbereich des EFZG ist die Bundesrepublik Deutschland. Das bedeutet, dass der Beschäftigungsort in Deutschland liegen muss. Der Wohn- oder Aufenthaltsort bzw. die Staatsangehörigkeit von Arbeitnehmenden oder Arbeitgebenden sind dabei irrelevant. Die Regelungen des EFZG bleiben grundsätzlich auch bei Entsendungen ins Ausland bestehen.
Persönlicher Geltungsbereich
Einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben alle Arbeitnehmenden, Angestellten sowie Auszubildenden nach § 611a BGB. Hierzu zählen auch Teilzeitbeschäftigte, geringfügig Beschäftigte und kurzfristig beschäftigte Arbeitnehmende. Es spielt dabei keine Rolle, ob das Beschäftigungsverhältnis sozialversicherungspflichtig ist oder nicht. Der Anspruch selbst setzt lediglich das Bestehen eines vertraglichen Arbeitsverhältnisses voraus.
Wer ist nicht Anspruchsberechtigt im Sinne des EFZG
Folgende Personengruppen zählen nicht als Arbeitnehmende im Sinne des EFZG:
- Freie / Selbstständige Mitarbeitende
- Heimarbeitende, Hausgewerbetreibende und ihnen Gleichgestellte. Ihnen wird keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gewährt, jedoch steht ihnen ein Zuschlag nach § 10 EFZG zum Arbeitsentgelt zu.
- Beamte und Soldaten
- Personen in Justizvollzugsanstalten (Strafgefangene)
- Personen, die in Werkstätten für behinderte Menschen oder Blindenwerkstätten arbeiten. Als Ausnahme gilt hier, wenn ein Arbeitsvertrag mit Regelungen in Bezug auf feste Arbeitszeit, Vergütung sowie Urlaubsdauer vorliegt.
- Einrichtungen der Jugendhilfe, Berufsbildungswerke oder ähnliche Einrichtungen, die der Rehabilitation, therapeutischen und/oder dem sozialen Zweck dienen und hier die Beschäftigung an sich und nicht die Tätigkeit gegen Entgelt im Vordergrund steht.
- Teilnehmende an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung durch die Bundesagentur für Arbeit.
Wartezeitregelung
Also Grundvoraussetzung für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist eine Beschäftigung, welche für die Dauer von vier Wochen ununterbrochen besteht. Fristbeginn ist hierbei der erste Tag des Arbeitsverhältnisses.
Es genügt lediglich die Existenz eines Arbeitsverhältnisses. Ob der Arbeitnehmer tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht hat, ist dabei irrelevant. Dies bedeutet, dass auch Arbeitnehmende, die bereits bei Beginn der Beschäftigung arbeitsunfähig erkrankt sind, ab der fünften Woche in voller Dauer der Entgeltfortzahlung anspruchsberechtigt sind.
Erkrankt ein Arbeitnehmer innerhalb der vierwöchigen Wartezeit, kann er unter bestimmten Umständen Krankengeld bis zum Ende der Wartezeit durch die entsprechende Krankenkasse erhalten. Hierbei ist eine gesetzliche Krankenversicherung mit Anspruch auf Krankengeld Grundvoraussetzung.
Beispiel
Arbeitnehmer A und B sind seit dem 01.07. im Unternehmen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Arbeitnehmer A erkrankt am 10.08. arbeitsunfähig. Arbeitnehmer B erkrankt am 20.07. arbeitsunfähig.
Beurteilung
Die Wartezeit gilt für beide Arbeitnehmer vom 01.07. bis 28.07. Arbeitnehmer A erkrankt erst nach der Wartezeit arbeitsunfähig und hat demnach vollen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Arbeitnehmer B erkrankt innerhalb der Wartezeit. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung startet erst ab dem 29.07. Für die Zeit vom 20.07. bis 28.07. hat er Anspruch auf Krankengeldzahlung durch die Krankenkasse.
Erkrankt ein Arbeitnehmer vor Aufnahme der geplanten Beschäftigung arbeitsunfähig, hat er erst nach Ablauf der vierwöchigen Wartezeit einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Voraussetzung ist, dass die Arbeitsunfähigkeit nach Abschluss des Arbeitsvertrags eintritt.
In diesem Fall entfällt ebenso der Anspruch auf Krankengeld, da ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis erst mit Beginn der fünften Woche einsetzt. Siehe dazu § 186 (1) SGB V und BSG-Urteil vom 04.03.2014, B 1 KR 64/12 R, Randziffer 17ff. Nach Ende der Entgeltfortzahlung besteht ggf. Anspruch auf Krankengeld.
Arbeitsunfähigkeit
Was ist eine Arbeitsunfähigkeit?
Der Begriff Arbeitsunfähigkeit bedeutet, dass ein Arbeitnehmer objektiv nicht in der Lage ist, die durch einen Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeit zu verrichten, oder die Arbeitsleistung nur unter der Gefahr erbringen könnte, seinen Zustand zu verschlimmern. Die Gründe für eine Arbeitsunfähigkeit können dabei unterschiedlich sein, jedoch muss die Ursache immer in der eigenen Person liegen.
Einer der häufigsten Gründe für Arbeitsunfähigkeit ist die Erkrankung eines Arbeitnehmers. Jedoch sollte man zwischen den Begriffen Arbeitsunfähigkeit und Krankheit streng unterscheiden.
Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit
Eine Krankheit kann Ursache für eine Arbeitsunfähigkeit sein. Jedoch bedeutet das Vorliegen einer Krankheit nicht automatisch, dass damit eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Wichtig ist hier, dass es zu einer kausalen Verknüpfung von Krankheit und der Tatsache kommt, dass der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung aufgrund dessen nicht erbringen kann. Die Ursache der Krankheit selbst ist dabei unerheblich und muss nicht mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängen.
Hinweis
Allein das behandelnde ärztliche Fachpersonal entscheidet über die Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters.
Eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit muss für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung sein.
In der Regel gilt: Ist das Beschäftigungsverhältnis, also die Dienstleistung des Arbeitnehmers gegen Entgeltzahlung des Arbeitgebers aus einem anderen Grund unterbrochen, beispielsweise durch Elternzeit oder Sabbatical, ist die Arbeitsunfähigkeit nicht die Hauptursache der Arbeitsverhinderung.
Folgende Sonderfälle und Konstellationen sind dabei zu beachten:
Urlaub |
Tritt während des bezahlten Urlaubs eine Arbeitsunfähigkeit ein, so dürfen nach § 9 BUrlG Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Urlaub angerechnet werden. In diesem Fall leistet der Arbeitgeber kein Urlaubsentgelt, sondern Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diese Regelung gilt allerdings nur für den gesetzlich, tarif- oder einzelvertraglich vereinbarten Erholungsurlaub oder Bildungsurlaub. |
Gesetzliche Feiertage |
Grundsätzlich besteht mit dem § 2 EFZG auch an Feiertagen eine Anspruch der Beschäftigten in Form von Feiertagslohn. Ausgenommen sind hier nach § 2 (3) EFZG Arbeitnehmer, die vor oder direkt nach dem Feiertag unentschuldigt der Arbeit fernbleiben (Arbeitsbummelei). Ist ein Arbeitnehmer, dem eigentlich Feiertagsentgelt zustehen würde, arbeitsunfähig erkrankt, ist in diesem Fall eine Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit zu leisten. Die Dauer der Entgeltfortzahlung wird durch den Feiertag nicht verlängert. |
Elternzeit | Wird während der Elternzeit keine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird, besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, da das Arbeitsverhältnis ruht. |
Altersteilzeit | Erkrankt ein Mitarbeiter während seiner Freistellungsphase, also dann, wenn er ohnehin nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen wäre, so erhält er keine Entgeltfortzahlung, sondern nur das im Rahmen der ATZ vereinbarte Entgelt. |
Unbezahlter Urlaub |
Für die Zeit des unbezahlten Urlaubs besteht im Falle der Arbeitsunfähigkeit kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, da die Arbeitsleistung ruht. Eine Ausnahme wäre hier nur gestattet, wenn der unbezahlte Urlaub auf Vereinbarung dem Erholungszweck dient. Bei unbezahltem Sonderurlaub besteht ein Anspruch zudem, wenn dieser im Anschluss an Erholungsurlaub genommen wird und der Zeitraum als einheitlicher Erholungsurlaub anzusehen wäre. |
Streik |
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bleibt nur dann bestehen, wenn ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer sich nicht am Streik beteiligt. Tut er dies doch, so entfällt sein Anspruch. Bei einer vollständigen Betriebsschließung durch den Streik entfällt ebenso der Entgeltfortzahlungsanspruch, auch wenn der Arbeitnehmer selbst nicht streikt. Hier könnten aber Einzelfallregelungen eintreten. |
Kurzarbeit | Im Falle der Kurzarbeit besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nur für die Stunden, die der Arbeitnehmer bei Arbeitsfähigkeit gearbeitet hätte. |
Selbstverschuldete Krankheit
Ein Arbeitnehmer hat nur dann Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er selbst an seiner Krankheit kein Verschulden trägt. Dieses liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer grob fahrlässig gehandelt und gegen das Verhalten verstoßen hätte, das von einem vernünftigen Menschen im eigenen Interesse erwartet wird.
Als solches wird z. B. angesehen:
- Verkehrsunfall infolge von Trunkenheit
- Grobe Missachtung der Straßenverkehrsvorschriften
- Grob fahrlässige oder vorsätzliche Verletzung der Unfallverhütungsvorschriften im Unternehmen
- Schuldhafte Beteiligung an einer tätlichen Auseinandersetzung
- Ausübung einer verbotenen oder besonders gefährlichen Nebentätigkeit
Verletzungen bei typischen Freizeitaktivitäten und anerkannten Sportarten stellen keine selbst verschuldete Arbeitsunfähigkeit dar, solange kein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht vorliegt und die üblichen Regeln eingehalten werden. Ebenso muss eine Verletzung bei einer Extremsportart nicht unbedingt zum Verlust des Anspruches auf Entgeltfortzahlung führen.
Auch Alkohol-, Tabletten- oder Drogenabhängigkeit werden aus medizinischen Gründen in der Regel als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit angesehen.
Der Arbeitnehmer ist während der Arbeitsunfähigkeit dazu verpflichtet, alles zu unterlassen, was seine Genesung und damit den Wiedereintritt in die Arbeitsfähigkeit verzögert oder verhindert. Demnach würde auch hier ein Verschulden des Arbeitnehmers vorliegen, sollte er sich nachweisbar nicht daran halten.
Die Beweispflicht, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit schuldhaft herbeigeführt hat, muss nach der ständigen Rechtsprechung des BAG i. d. R. vom Arbeitgeber erbracht werden.
Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung
Allgemeine Dauer der Entgeltfortzahlung
Gemäß § 3 (1) EFZG wird der Anspruch des Arbeitnehmers pro Krankheitsfall auf die Dauer von 6 Wochen / 42 Kalendertage beschränkt, sofern keine günstigere Regelung durch z. B. einen Tarifvertrag vorliegt. Die Berechnung dieser Frist erfolgt nach §§ 187 ff. BGB.
Der Anspruch endet innerhalb der Frist mit dem Ende der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, also dem Tag, den der behandelnde Arzt als letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit auf der Bescheinigung angibt. Dauert die Arbeitsunfähigkeit über die sechs Wochen hinaus an, so endet der Entgeltfortzahlungsanspruch mit Ablauf der Frist.
Hinweis
Hat der Arbeitnehmer am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit noch teilweise gearbeitet und damit Arbeitsentgelt erzielt, beginnt die Frist erst mit Beginn des nächsten vollen Tages.
Beispiel 1: Arbeitsunfähigkeit während der Arbeit
Die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers tritt am 08.03.2024 während der Erbringung der Arbeitsleistung ein.
Demnach beginnt die Frist der Entgeltfortzahlung erst am 09.03.2024 und geht maximal bis zum 19.04.2024
Beispiel 2: Arbeitsunfähigkeit vor Arbeitsbeginn
Die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers tritt bereit vor Arbeitsbeginn am 08.03.2024 ein.
Demnach beginnt die Frist der Entgeltfortzahlung schon am 08.03.2024 und geht maximal bis zum 18.04.2024
Hinzutreten einer Krankheit
Die Anspruchsdauer auf Entgeltfortzahlung von sechs Wochen / 42 Kalendertagen verlängert sich nicht, wenn während der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit hinzutritt, die für sich allein eine Arbeitsunfähigkeit verursacht.
Beispiel
Der Arbeitnehmer ist krankheitsbedingt arbeitsunfähig aufgrund eines starken grippalen Infekts vom 02.07. bis 20.07.; er hat am ersten Tag der AU keine Arbeitsleistung erbracht.
Am 16.07. tritt eine neue Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Beinbruchs hinzu; die Arbeitsunfähigkeit ist hier vom 16.07. bis 20.08. diagnostiziert.
Beurteilung
Die Arbeitsunfähigkeit wird ununterbrochen für längstens sechs Wochen geleistet und verlängert sich nicht, da während der Dauer der ersten Arbeitsunfähigkeit eine zweite hinzugetreten ist. Demnach endet die Frist zum 12.08.2024.
Wiederholtes Auftreten von Arbeitsunfähigkeit
Wiederholtes Auftreten von Arbeitsunfähigkeit aufgrund unterschiedlicher Krankheiten
Anders als beim Hinzutreten einer Krankheit sieht es aus, wenn zwei verschiedene Krankheiten nacheinander zu einer Arbeitsunfähigkeit führen. Hier entsteht ein erneuter Anspruch auf Arbeitsunfähigkeit dann, wenn nach dem Ende der ersten Arbeitsunfähigkeit die Beschäftigung zwar noch nicht wieder aufgenommen wurde, aber für wenige Stunden eine Arbeitsfähigkeit bestand. Diese kann auch außerhalb der Arbeitszeit liegen. Siehe BAG-Urteil vom 11.10.1966, 2 AZR 464/65, 2 AZR 475/65.
Beispiel
Die regelmäßige Arbeitszeit des Mitarbeiters ist grundsätzlich von 08.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Der Arbeitnehmer erkrankt arbeitsunfähig vom 02.07. bis 10.07. Am 10.07. bricht er sich um 21.00 Uhr das Bein.
Beurteilung
Die erste Arbeitsunfähigkeit endet mit dem Ende der Arbeitszeit um 17.00 Uhr am 10.07. Da er sich erst nach Ende der ersten Arbeitsunfähigkeit das Bein um 21.00 Uhr bricht, könnte die zweite krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit einen erneuten Anspruch auf Entgeltfortzahlung auslösen, da er für wenige Stunden wieder arbeitsfähig gewesen wäre.
Wiederholtes Auftreten von Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit
Hinweis
Der Arbeitgeber hat keine Einsicht in die Diagnosen des Arbeitnehmers. Allein die zuständigen Krankenkassen können diese Fristen basierend auf den vorliegenden Diagnosen berechnen. Der Arbeitgeber kann über eine Vorerkrankungsanfrage um Auskunft bitten, ob die Zeiträume miteinander in Verbindung stehen. Er wird aber keine Auskunft über die Art der Erkrankung erhalten.
Im Fall, dass eine wiederholte Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit, einer sogenannten Folgeerkrankung oder Fortsetzungserkrankung, erfolgt, wird die Dauer der Entgeltfortzahlung begrenzt. Eine Krankheit gilt als dieselbe, wenn die erneute Erkrankung auf dem gleichen Grundleiden beruht oder zumindest im engen Zusammenhang steht.
Führt nun dieselbe Erkrankung zu einer wiederholten Arbeitsunfähigkeit, besteht ein erneuter Anspruch auf Entgeltfortzahlung für sechs Wochen, wenn:
- Zwischen den zwei Arbeitsunfähigkeiten wegen derselben Krankheit mindestens sechs Monate liegen.
- Seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit mindestens zwölf Monate vergangen sind.
Beispiel
Wiederholte Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters:
▶︎ Erste Erkrankung vom 07. bis zum 27. Februar (21 Kalendertage)
▶︎ Zweite Erkrankung vom 07. Juli bis zum 10. August (35 Kalendertage)
▶︎ Dritte Erkrankung vom 03. bis zum 21. November
▶︎ Vierte Erkrankung ab dem 15. März Im Falle, dass mehrere Erkrankungen vorliegen, prüft die Krankenkasse, ob die Arbeitsunfähigkeiten zusammen hängen. Sie geht dabei nach folgendem Schema vor:
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist immer arbeitgeberbezogen. Eine Anrechnung früherer krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeiten kommt nur in Betracht, wenn die wiederholte Arbeitsunfähigkeit während eines ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnisses beim selben Arbeitgeber eintritt. Wechselt der Arbeitnehmer den Arbeitgeber, so entsteht unter Beachtung der Wartezeit von vier Wochen ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Höhe der Entgeltfortzahlung
Im Fall der krankheitsbedingten Entgeltfortzahlung ist nach § 4 EFZG dem Arbeitnehmer Entgelt in voller Höhe zu zahlen, welches ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zusteht. Grundlage für die Berechnung ist also die Arbeitszeit, die der Arbeitnehmer während seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit geleistet hätte. Dazu zählen auch Arbeitszeiten, die ggf. an einem Sonntag oder Feiertag angefallen wären.
Entgeltbestandteile, die zum fortzuzahlenden Arbeitsentgelt gehören, sind z. B.:
- Stundenlohn, Monatsgehalt
- Sachbezüge
- Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit
Hinweis
Zuschläge, die für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, die bei Arbeitsfähigkeit angefallen wären, sind fortzuzahlen, sind aber voll steuer- und sozialversicherungspflichtig
Nicht berücksichtigt werden z. B.:
- Einmalzahlungen, da sie meist unabhängig von der Arbeitsleistung gezahlt werden
- Überstunden und Überstundenzuschläge
- Aufwendungsersatz, wenn wegen der Arbeitsunfähigkeit keine Aufwendungen entstehen (z. B. Schmutzzulage, Gefahrenzulage)
Ansprüche bei Drittverschulden
Ist die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit auf das Verschulden eines Dritten zurückzuführen, z. B. durch einen Verkehrsunfall, so muss zwar der Arbeitgeber weiterhin Entgeltfortzahlung leisten, hat jedoch Schadensersatzansprüche gegenüber dem Schädiger.
Der Anspruch beläuft sich dabei in der Regel bis zur Höhe der geleisteten Entgeltfortzahlung ebenso wie die Arbeitgeberanteile der Sozialversicherungsbeiträge. Der Beschäftigte ist zudem dazu verpflichtet, die nötigen Angaben für die Durchsetzung der Forderung dem Arbeitgeber mitzuteilen.
Ende der Entgeltfortzahlung
Was passiert nach dem Ende der Entgeltfortzahlung?
Geht die Krankheit über den Zeitraum von sechs Wochen hinaus, so übernimmt im Anschluss die zuständige Krankenkasse die Zahlung von Krankengeld. Dies beträgt 70 % des regelmäßig erzielten Bruttoarbeitsentgelts bis zur Beitragsbemessungsgrenze, jedoch nicht mehr als 90 % des letzten Nettoarbeitsentgelts. Die Zahlung von Krankengeld einschließlich Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber ist auf 78 Wochen innerhalb von drei Jahren beschränkt.
Hinweis
Diese Regelung gilt nur für gesetzlich pflicht- oder freiwillig versicherte Arbeitnehmer. Privat Krankenversicherte erhalten ggf. Krankentagegeld.
Meldungen an die Krankenkasse
Läuft der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nach sechs Wochen aus, muss der Arbeitgeber zusätzlich folgende Meldungen elektronisch an die zuständige Krankenkasse senden:
- DEÜV Meldung 51: Für Arbeitnehmer, die Krankengeld oder Krankentagegeld beziehen, mit dem Ende der Entgeltfortzahlung.
- DEÜV Meldung 13: Für privat versicherte Arbeitnehmer ohne Anspruch auf Krankentagegeld bei Wiederaufnahme der Beschäftigung und nach erfolgter DEÜV Meldung 34.
- EEL-Meldung (elektronische Entgeltersatzleistung): Muss für gesetzlich Versicherte zur Berechnung der Höhe des Krankengeldanspruchs an die zuständige Krankenkasse erfolgen.